- Urs Hölzle (Senior Vice President Engineering) tauscht sich auf einem Google-Event in München mit Analysten und Anwendern aus – Google macht Ernst mit dem Ausbau des Enterprise- und Cloud Business in Deutschland
- Alte Kinderkrankheiten sind ausgeräumt und auch Google zielt auf Hybrid- und Multi-Cloud-Kunden mittels Container-Orchestrierung und Machine Learning
- Die Wahl des Cloud-Computing-Anbieters wird heutzutage nach Anwendungsfall unterschieden
- SAP soll Google beim Sprung in die Unternehmenswelt helfen
Datengetriebene und digitale Geschäftsmodelle sind für jedes Unternehmen ein wichtiges Standbein für die Zukunft. Ohne eine entsprechende Strategie können schnelle und fitte Konkurrenten schnell am eigenen Business disruptiv vorbeiziehen. Der Use Case rückt dabei immer weiter in den Fokus bei der Wahl für den Betrieb und die Architektur einer Lösung. Denn bei vielen “alten Hasen” im Cloud-Geschäft ist bereits das Thema Multi Cloud Excellence gesetzt und Teil der Strategie. Bisher war dies eher ein enger Wettbewerb zwischen Microsoft Azure und Amazon Web Services. Doch der kleine smarte Punkt im Rückspiegel lässt nun langsam auf dem Kennzeichen den Rivalen erkennen, der stetig versucht näher zu kommen. Google steht dort geschrieben und wenn es nach Michael Korbacher (Director Google Cloud DACH) geht, dann fährt der Punkt mit Höchstgeschwindigkeit auf die Konkurrenz zu.
Google meint es diesmal ernst – wirklich.
Auf dem Google Cloud Platform Event in München sorgte Google bereits mit dem Slogan “Die Zukunft der Cloud beginnt jetzt!” für ein Statement. Nach Jahren der Ungewissheit für potentielle Kunden, forciert Google nun, auch mit einer entsprechenden Mannstärke vor Ort in Deutschland, den Angriff auf die Cloud-Hoheit im deutschen Markt. Zunächst einmal wurde festgehalten, dass auch in Deutschland Entwicklung stattfindet und nicht nur im Silicon Valley. Das Engineering Center in München beispielsweise ist für eine Reihe von Entwicklungen zuständig und damit auch an wichtigen Kernprodukten von Google und Alphabet beteiligt.
Doch darum ging es nur am Rande. Vielmehr wurde versucht, die Vorzüge der eigenen Cloud im Hinblick auf die Business Tauglichkeit klarzustellen. Mit den Panelgästen von Kärcher, Rewe Digital und Meisterlabs interviewte Urs Hölzle selbst die Kunden zur Nutzung und den Vorteilen von der Cloud-Marke Google. Die wichtigsten Elemente, die wiederholt betont worden sind, waren die Latenz, Performance und die Produkte im Bereich Machine Learning. Google stellte zudem noch die echte Hybrid-Power durch die Nutzung von Kubernetes und der Container-Technologie in den Mittelpunkt.
Zu den technischen Aspekten möchte Google mit lokalem Support (Professional-Services-Sparte) durch Mitarbeiter vor Ort in Hamburg, Berlin, Frankfurt und München die Kunden demnächst noch besser bei ihren Projekten unterstützen. Noch ist jedoch das Wachstum nicht abgeschlossen und dementsprechend noch eine Betreuungslücke vorhanden. Doch alleine mit der neuen Ausrichtung möchte Google damit direkt ansprechbar werden. Dies war bisher immer sehr schwierig oder zum Teil selbst für Partner gar nicht möglich. Google zeigt damit, dass mit ihnen im Public-Cloud-Umfeld deutlicher zu rechnen ist, als bisher. Dies unterstrichen die Beteiligten vor Ort auch noch einmal durch die Ankündigung von einem weiteren großen Cloud Event im Dezember und einer Reihe von Ankündigungen, die im Laufe des Jahres noch folgen werden. Wir dürfen also gespannt sein, was die Zukunft der Cloud da mit sich bringt.
Unternehmenstauglich?
Doch wie bereit ist Google aktuell für den deutschen Kunden? Fakt ist, dass Google sich mit der Eröffnung der Region in Frankfurt und damit dem bereitstellen eines deutschen Rechenzentrums, wenn auch mittels eines Partners, in die Liste der Cloud-Anbieter einreiht, die Deutschland als einen zentralen und wichtigen Markt adressieren möchten. Für Kunden stellt sich dennoch die Frage, ob die Daten in diesem Rechenzentrum auch verweilen werden oder ob Google die Replikation und Backups dennoch über andere Regionen verteilt? Auf Nachfrage bestätigte man uns, dass die Daten, wenn der Kunde es nicht anders wünscht, in der Region verbleiben, in der er die Daten ablegt. Dies war in der Vergangenheit nicht immer so. Also ein großer Schritt an dieser Stelle. Weiterhin versucht Google das Partnernetzwerk deutlich auszubauen, wobei auch hier vermutlich allein aufgrund der aktuellen Mannstärke, der Partner mal wieder der Multiplikator sein dürfte, wie bei anderen Anbietern auch, und nicht umgekehrt. Die scheinbar engste Partnerschaft, gerade im Bereich der Unternehmenskunden, scheint für Google die mit der SAP zu sein. Im Zuge der General Data Protection Regulation (GDPR), welche mittlerweile auch alle Public Cloud Provider adressieren, möchte Google hier einen Schritt weiter gehen, und preist für die SAP deren neues Produkt an, welches ein “Data Custodian Model” bereitstellen soll und eine nahtlose Überwachung aller Daten im Unternehmen ermöglichen soll. Inwieweit das Produkt hält was es verspricht, gilt es in Zukunft noch zu prüfen. Das Modell ist nicht vergleichbar mit dem Data Trustee Model von Microsoft, wo eine dritte unabhängige Partei den Zugriff auf die Daten überwacht, sondern vielmehr eine Möglichkeit für Unternehmen mittels einer Software aktiv zu kontrollieren, was mit Unternehmensdaten gerade passiert. Dies ist also ein semi-automatischer Prozess, der zwar auf die Block-Ebene von Daten herunter geht, jedoch die Kontrolle und Pflicht beim Kunden belässt. Google scheint an dieser Stelle Hilfe zu benötigen, sich den Zugang zu Unternehmen zu ermöglichen und ein Stück weit Seriosität einkaufen zu wollen.
Workloads entscheiden die Wahl der Cloud
Bei den Kunden zeichnete sich hingegen ein Trend ab, wie es bei den großen namhaften Vorzeige-Cloud-Kunden Spotify und Netflix bereits begonnen wurde, dass die Anwendungsfälle die Auswahl der entsprechenden Cloud für den Betrieb eines Workloads entscheiden. War in den vergangenen Jahren zunächst die Cloud per se als eine Komponente in der IT-Landschaft und damit der Strategie für die nächsten Jahre zu manifestieren, so ist gilt es nun die Innovationskraft und die Vorteile der einzelnen Anbieter vollends auszuschöpfen. Es wird nicht mehr direkt nach Technologien ausgesucht, sondern die Daten stehen im Zentrum der Betrachtung und damit die Frage, wie man die aus Ihnen den größten Mehrwert herausholen kann. Damit entstehen dann einzelne Data Stacks die auf den unterschiedlichen Clouds oder auch im eigenen Rechenzentrum betrieben werden können.

Handlungsempfehlungen?
Mit dem neuen Rivalen Google ist aus technischer Sicht bereits seit einiger Zeit mehr als deutlich zu rechnen und nun soll dies auch für die geschäftliche Zusammenarbeit möglich sein. Google wirkte ein wenig stolpernd und holprig bei der Veranstaltung und so wird es sicherlich noch ein wenig dauern, hier Fahrt aufzunehmen. Dennoch ist mit Google spätestens ab Ende des Jahres zu rechnen. Die eigenen Cloud-Strategien sollten von CTOs, CIOs und Chefarchitekten entsprechend aktualisiert werden. Gerade im Bereich Machine Learning, Analytics und Container-Orchestrierung kann die Google-Cloud-Plattform eine sehr interessante alternative zu bestehenden Modellen sein. Im Bereich IoT wird sicherlich noch ein wenig mehr Zeit benötigt werden, bis Google den Anschluss an die Konkurrenz geschafft hat. Dennoch sollten wir gespannt sein, was uns bis Ende des Jahres noch erwartet.