Expert Views

Published on Mar 25, 2020

Künstliche Intelligenz – Jobkiller oder Jobmotor?

  • KI wird faktisch einige Arbeitsplätze ersetzen bzw. eliminieren
  • Durch KI werden neuartige Arbeitsplätze geschaffen – 3 Beispiele werden hier erläutert
  • Entscheidende erfahren, welche Handlungsfelder für Ihre KI-Strategie in diesem Kontext wichtig sind

Künstliche Intelligenz (KI) – der Hype um die Technologie, die für uns Menschen sehr viel verändern könnte, ist ungebremst. Neben dem technologischen Fortschritt, den wir uns hierdurch erhoffen, wird aber immer wieder eine negative Seite erwähnt, wenn es um KI geht:

KI wird oftmals als “der Killer” vieler Arbeitsplätze bezeichnet. Einige Studien verheißen den Wegfall von ca. 50% der Arbeitsplätze. Auch wenn diese Studien stark angezweifelt und vielfach diskutiert werden, lassen sich die Fakten nicht verstecken. Für einige Arbeitsplätze bedeutet die fortschreitende Technologie auf jeden Fall eine Reduzierung oder Eliminierung, so wie es auch schon durch die Industrialisierung passiert ist.

Zur heutigen Zeit gelten zum Beispiel Produktionsmitarbeitende als stark gefährdet, da davon ausgegangen wird, dass diese Arbeitsplätze durch Roboter ersetzt werden können. Aber auch Taxi- oder LKW-Fahrende werden betroffen sein, da die KI hier die Steuerung der Fahrzeuge übernehmen kann. Außerdem werden auch Bürojobs wie etwa Buchhalter oder Anwältinnen massiv durch Algorithmen ersetzt werden, wie es teilweise gerade schon passiert. Ein Beispiel ist der Roboter Ross, der in der Anwaltskanzlei Baker & Hostetler in San Francisco schon jetzt sein menschliches Kollegium unterstützt. Er analysiert immense Mengen von Akten, Gesetzestexten, Notizen, etc. um passende Unterlagen zu aktuellen Fällen hinzuzufügen.

Neue Arbeitsplätze durch Künstliche Intelligenz

Aber es geht auch anders. Durch KI werden neue Möglichkeiten für Angestellte geschaffen – sei es, dass anspruchsvollere Aufgaben erledigt werden können oder dass komplett neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die es vorher so noch gar nicht gegeben hat.

Kontrolle und Unterstützung der KI

Ein Beispiel dafür ist die Stelle des “Remote truck operator”, den die Firma Einride ausgeschrieben hat. Einride entwickelt autonom fahrende LKWs, in denen es standardmäßig keine Kabine für Fahrende gibt. Die Fahrzeuge sollen zunächst nur auf Autobahnen oder Landstraßen autonom fahren. Sobald diese Straßen verlassen werden und die Einride Pods im urbanen Umfeld fahren, bedienen Personen das Fahrzeug, die die Steuerung komplett aus dem Büro ausführen können (siehe Rendering Abbildung). Bisher haben diese Tätigkeit die Entwicklungsingenieure übernommen. Um aber noch mehr Praxiswissen in die Entwicklung zu integrieren, sucht Einride explizit erfahrene LKW-Fahrende.

Hieran sieht man, wie sich Arbeitsplätze auch entwickeln können, denen eigentlich ein Untergang durch KI prophezeit wurde. Die LKW-Fahrenden haben das Fachwissen und mit diesem überwachen und unterstützen sie die KI und übernehmen die Kontrolle über die Fahrzeuge, wenn die KI nicht mehr weiterkommt. Außerdem sind die LKW-Fahrenden nicht mehr wochenlang auf Autobahnen unterwegs, sondern arbeiten im Schichtbetrieb in einem wohl klimatisierten Büro und sind nach getaner Arbeit schnell wieder zu Hause.

Rendering des Arbeitsplatzes eines “Remote truck operator” von Einride

Cobots

Eine weiterer Ansatz, mit dem KI die Arbeitswelt verändert, sind die sogenannten Cobots. Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird der Roboter ARMAR-6 entwickelt. Die Entwicklung wird im Rahmen des sieben Millionen Euro schweren Projekts SecondHands von der EU gefördert. ARMAR-6 kann erkennen, wann ein Mensch Hilfe benötigt und unterstützt ihn dann dabei. Sollen Fachkräfte eine Platte von der Decke abmontieren, hält der Roboter die Platte fest, während die Mitarbeitenden die Schrauben lösen und anschließend tragen Mensch und Maschine gemeinsam die Platte weg. ARMAR-6 kann aber noch mehr, beispielsweise Flaschen oder Werkzeuge reichen.Auch bei Zalando teilen sich Mensch und Maschine die Zusammenstellung der Kundenlieferungen. Die Roboter greifen bevorzugt in obere oder untere Regale des Zalando-Lagers, genau die Plätze, an die Menschen nur schwer rankommen. Somit werden die Logistik-Fachkräfte entlastet und der gesamte Prozess vollumfänglich optimiert.

ARMAR-6 geht Ocado-Service-Fachkräften zur Hand – Bild: Ocado Innovation Limited

Intelligence Augmentation

Das dritte Konzept, durch das sich die Arbeitswelt verändert, ist Intelligence Augmentation – erweiterte Intelligenz (EI). Mit Hilfe von EI können niedrig qualifizierte Mitarbeitende Aufgaben erledigen, die eine hohe Kenntnis erfordern. So bildet die komplexe Technik gemeinsam mit dem Menschen eine hochqualifizierte Arbeitskraft.

Ein Beispiel hierfür ist der Baumaschinenhersteller Komatsu. In einer strategischen Partnerschaft mit NVIDIA wird in Fahrzeugen KI eingesetzt, um 3-D-Visualisierungen von Baustellen zu erstellen und die Interaktion von Menschen, Maschinen und Objekten in Echtzeit darzustellen.

Durch den Einsatz von Kameras und der ständigen 360-Grad-Überwachung des Bauumfelds werden in Echtzeit Informationen und Handlungsanweisungen an die Bedienenden kommuniziert, damit diese den Bagger einfacher führen können. Außerdem werden sie gewarnt, wenn sich andere Fahrzeuge oder Objekte nähern. Das erhöht deutlich die Sicherheit auf den Baustellen.

Computer Vision auf der Baustelle von Komatsu

Handlungsfelder für Ihre KI-Strategie

Wie an den o. g. Beispielen zu sehen ist, gibt es einige Möglichkeiten, wie mit Hilfe künstlicher Intelligenz neue Arbeitsplätze bzw. Arbeitsplatzkonzepte geschaffen werden können. Entscheider sollten bei der Entwicklung der KI-Strategie auch die 360-Grad-Perspektive einnehmen und nicht nur die Technik und Geschäftsmodelle betrachten, sondern auch das Change Management hinsichtlich der Belegschaft und ihren Arbeitsplätzen.

Folgende Punkte sollten Sie mit in Ihre Digitalstrategie mit aufnehmen:

  • Wie kann ich das Wissen und die Erfahrung meiner Mitarbeitenden einsetzen, um die KI zu optimieren, zu überwachen und zu unterstützen?
  • Welche neuen Arbeitsplätze entstehen (in meinem Unternehmen) durch KI, die es so vorher noch nie gegeben hat?
  • Benötige ich vielleicht zukünftig Berufszweige in meinem Unternehmen, die vorher für unser Kerngeschäft keine Rolle gespielt haben, aber für die durch KI erschlossene neue Geschäftsfelder essentiell sind?
  • Mittels erweiterter Intelligenz können Mitarbeitende schnellere, zuverlässigere und effektivere Entscheidungen treffen. Wichtig hierbei ist, dass die Informationen, die durch EI bereitgestellt werden, auf die individuellen Bedürfnisse aller Mitarbeitenden zugeschnitten sind.